Mittendrin im nächsten "Fräuleinwunder"

Vaterstetten - Genau 20 Jahre ist es her, als die Handballerinnen des TSV Vaterstetten beschlossen hatten, dem sportlichen Dornröschenschlaf ein Ende zu bereiten. Schließlich war auch eine Konstellation vorhanden, die zu einem solchen Vorhaben geradezu ermutigte. Ehrgeiz und Talent, jugendliches Ungestüm und spielerische Reife trafen innerhalb eines Teams aufeinander. Damals kam Thomas Eck als junger und vom Handballvirus durchdrungener Trainer dazu, um aus dem Gebilde eine Erfolg versprechende Mannschaft zu formen. Innerhalb von sieben Jahren gelang es dem "Fräuleinwunder nach Vaterstettener Art" von der drittniedrigsten Spielklasse (A-Klasse im Kreis München) in die dritthöchste deutsche Spielklasse (Regionalliga Süd) aufzusteigen. Das Wunder setzte sich noch fort. Von der Fachwelt zum Abstiegskandidaten erkoren gelang es, die Spielklasse über vier Jahre mit glänzenden Erfolgen zu halten. Höchst unglückliche Umstände und ein einzig fehlendes Tor sorgten aber für den Abstieg in die Bayernliga, die dann noch drei Jahre gehalten werden konnte. In der Folge zerbrach die Mannschaft, weil für viele das Karriereende bevorstand und andere sich leistungsmäßig neu orientieren wollten.

Den Neuaufbau wagte dann "Allround-Manager" Tobias Graf (Vorstand, Schiedsrichter, Trainer), weil die TSVV-Männer Thomas Eck von den Frauen "abwarben". Die Konstellation hatte zu 1994  Ähnlichkeiten, denn es war wieder der eigene Nachwuchs, der die Frauenmannschaft zum Perspektivteam werden ließ. "Wir haben nichts zu verlieren, können aber viel gewinnen," macht Graf zur Devise. Mit einer Mischung aus jungen Frauen, A- und B-Jugendlichen sollte der Stern über dem Vaterstettener Handballhimmel erneut zu leuchten beginnen. Mit großer Überlegenheit wurde 2013/14 die Bezirksoberliga-Meisterschaft gewonnen. Die Landesliga Süd war erreicht.

Doch junge Menschen haben auch noch andere als sportliche Ziele im Auge, besonders wenn das Abitur geschafft ist und die große weite Welt lockt. So war der Start in der Landesliga von Anfang an ein Abenteuer, denn gleich mehrere Spielerinnen des Kernteams suchten die Sonne, während die Zurückgebliebenen in den Hallen der teils klar überlegenen Gegner mächtig ins Schwitzen kamen. Zur Saisonhalbzeit stehen seine Schützlinge mit nur sieben Punkten aus 13 Spielen auf dem vorletzten Platz. Aus dem fernen Australien kam von zwei sehr vermissten Leistungsträgerinnen, Torfrau Klara Benz (19 Jahre) und Torschützenkönigin Nicola Mayerhofer (18 Jahre), zum Jahreswechsel die Aufmunterung: "Mädels haut rein, wir glauben an euch!"

Wieder sind es die Jugendlichen der A-Jugend, die immer wieder als Backup aushelfen, weil verbliebene Leistungsträger wie Lea Feder und Lena Bieder verletzungsbedingt schon länger ausfallen. Beide Mannschaftskader wachsen gerade zu einer verschworenen Gemeinschaft zusammen. Für die jungen A-Mädels der Trainerinnen Sabine Hück und Melanie Gernsbeck (sie gehörten zum ersten Fräuleinwunder und sind jetzt u.a. Trainerinnen ihrer talentierten Töchter) ist damit ein enormer Erfahrungszuwachs geboten. Der Erfolg kommt nicht von ungefähr. Kaum aus der B-Jugend herausgewachsen, qualifizierte sich die Mannschaft auf Anhieb für die Landesliga Süd und überwintert punktgleich mit TuS Traunreut auf den beiden Plätzen, die die Teilnahme an der bayerischen Landesligameisterschaft ermöglichen.

Rein äußerlich sind sie nun auch nicht mehr zu unterscheiden. Sponsor und Hotelier Carl Falltermeier hat nach dem Damenteam nun auch die weibliche A-Jugend mit den gleichen Trikots wie die Damen ausgestattet. Der Mix soll in der Rückrunde dem Frauenteam den Klassenerhalt ermöglichen und für die A-Jugend wäre es das Höchste, das Final-Four der Landesligen im April zu erreichen.

Die Perspektiven des Damenteams verbessern auch zwei Neuzugänge. Maria Obermeier (vormals TSV Ebersberg) ist der erhoffte Rückhalt zwischen den Torpfosten geworden und wenn es geht, darf die A-Jugendliche Katharina Knez aushelfen. Fürs Aushelfen hat sich auch Jessika Schulz bereit erklärt. Ihren glanzvollen Einstand feierte sie vor ein paar Wochen beim Erfolg über TSV Schleißheim. Sie spielte zuletzt vor über einem Jahr für HSG Ahrensdorf/Schenkenhorst in der Brandenburg-Liga. Berufliche Gründe lassen aber nur einen sporadischen Einsatz zu. Graf ist zuversichtlich. "Na klar, es wäre großartig, wenn wir dieses schwierige Jahr überstehen und die Klasse halten können."  Mit den zwei großartig in der Landesliga kämpfenden Teams hat der TSV Vaterstetten zwei heiße Eisen im Feuer einer spannenden Rückrunde.

jwg

Mit freundlicher Genehmigung der Ebersberger Zeitung / Münchener Merkur